Wer saubere Zähne und ein frisches Gefühl im Mund haben will, greift, zusätzlich zur Zahnbürste und Zahnseide, gerne zu Mundspülungen.
Seit Jahren gelten hier Mundspüllösungen wie Listerine oder in medizinischen Fällen Chlorhexamed (CHX), als Goldstandard für die Spülung als Ergänzung zur Zahnpflege mit Zahnbürste und Interdentalpflege.
Da sich hier aber die Nebenwirkungen und Auswirkungen auf das orale Mikrobiom auftreten, und gerade Listerine Cool Mint in einer kürzlich erschienen Studie das Wachstum von mit Krebs assoziierten Bakterien befördern soll1, wird vermehrt auch über alternative Formen der Spülung diskutiert. Anhänger der indischen Ayurveda-Heilkunde schwören hingegen auf das Ölziehen zur Pflege von Zähnen und Zahnfleisch. Doch wie sinnvoll ist das Spülen des Mundraums mit Pflanzenölen wirklich?
Ölziehen – Eine traditionelle Entgiftungsform
Die ayurvedische Lehre nutzt schon seit vielen Jahrtausenden die Wirkungen von Ölanwendungen auf den Körper. Ob Ölmassage, Tiefenmassage oder Stirnguss – Öl ist stets ein unverzichtbarer Bestandteil dieser heilenden, entgiftenden und harmonisierenden Behandlungen.
Bekannt wurde das Ölziehen jedoch durch Dr. F. Karach, ein russischer Arzt der 15 Jahre lang an einer chronischen Blutkrankheit gelitten hat. So soll er berichtet haben, und konnte sich allein mit dem Ölziehen von diesem Leiden heilen. Genauso soll ihn das Ölziehen innerhalb von drei Tagen von seiner Arthritis befreit haben, die bereits so schmerzvoll gewesen war, dass er nicht mehr sein Bett hatte verlassen können. Anschliessend empfahl Dr. Karach das Ölziehen auch seinen Patienten und konnte hier unzählige Erfolge beobachten.
Wir beschränken und hier aber auf die Wirkung auf das Zahnfleisch und die Zähne.
Wirkung des Ölziehens
Die genaue Wirkung des Ölziehens ist noch unbekannt. Eine Hypothese besagt, dass das Öl alkalisch hydrolysiert wird, was zu einem als Verseifung bezeichneten Prozess der „Seifenbildung“ führt2. Eine weitere Hypothese besagt, dass die Viskosität des Öls die Bakterienanhaftung und Plaquebildung hemmt. Beim Ölziehen werden also insbesondere Zahnbeläge reduziert und schädliche Bakterien in der Mundhöhle getötet. Karies wird dadurch drastisch bekämpft. Die dritte Hypothese besagt, dass die Antioxidantien im Öl die Lipidperoxidation verhindern, zur Abtötung von Keimen beitragen und die Wirkung von Vitamin E in der Mundhöhle verstärken.
Zusätzlich werden Gifte und Säuren aus der gesamten Mundhöhle und dem Zahnfleisch gezogen. Das Zahnfleisch wird beim Ölziehen ferner massiert und gepflegt, was allein schon einen ausserordentlich positiven Effekt auf die Zahn- und Zahnfleischgesundheit ausübt. Die Durchblutung des Zahnfleisches wird verbessert und seine Selbstheilungskraft gestärkt.
Trotz der Hypothesen und der vielen guten Erfahrungen ist momentan keine abschließende Bewertung möglich, ob Öl ziehen tatsächlich die ihm zugesprochenen positiven Eigenschaften hat, da viele Studien mit Patienten durchgeführt werden, die generell eine gut Mundhygiene haben.3
Das Ölziehen – Schritt für Schritt
Dem Ölziehen sollte eine Zungenreinigung vorangehen, so dass dies der allererste Schritt beim morgendlichen Ritual des Ölziehens darstellen sollte. Einmal tägliche Anwendung reicht im übrigen völlig aus.
Schritt 1: Die Zungenreinigung
Bei der Zungenreinigung wird der Zungenbelag mit einem Zungenschaber gründlich entfernt. Die Zunge wird dadurch sauber und rosafarben, Mundgerüche werden reduziert und die Geschmackswahrnehmung wird wieder fein und sensibel.
Schritt 2: Das Ölziehen
Falls Sie Prothesen tragen, sollten Sie diese vor der nachfolgenden Anwendung herausnehmen.
Nehmen Sie nun einen Esslöffel Bio-Sesamöl, Bio-Kokosöl oder Bio-Sonnenblumenöl in den Mund. Tun Sie dies morgens unmittelbar nach dem Aufstehen und auf nüchternen Magen. Nicht einmal Wasser sollten Sie vor dem Ölziehen trinken.
Schritt 3: Öl spülen, ziehen, saugen, schlürfen
Spülen Sie jetzt das Öl für etwa 15 bis idealerweise 20 Minuten im Mund hin und her. Halten Sie das Öl in Ihrem Mund in Bewegung. Spülen Sie es schlürfend und saugend durch Ihre Zähne.
Zwischendurch können Sie immer wieder eine Pause einlegen, in der das Öl sich im Mund verteilen und einwirken kann.
Legen Sie auf gar keinen Fall Ihren Kopf zum Gurgeln in den Nacken. Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie nichts von der Flüssigkeit schlucken, da darin jene Gifte und Bakterien sind, die Sie ja loswerden möchten.
Schritt 4: Öl ausspucken
Gegen Ende der Anwendung wird die Öl-Speichel-Mischung in Ihrem Mund immer dünnflüssiger und färbt sich weiß. Jetzt können Sie das Öl ausspucken.
Am Besten in ein Papiertaschentuch, da auf diese Weise Fettablagerungen in den Abwasserrohren vermieden werden.
Anschließend spülen Sie Ihren Mund mehrmals mit warmem Wasser aus und spucken die Flüssigkeit immer wieder aus.
Falls Sie sich während des Ölziehens verschlucken oder Sie aus anderen Gründen vor Ablauf der 20 Minuten das Öl ausspucken möchten – etwa, weil der Mund sich zu voll anfühlte – dann spucken Sie das Öl aus und nehmen einfach für den Rest der Zeit einen erneuten Löffel Öl in den Mund.
Schritt 5: Zähne putzen
Putzen Sie daraufhin gründlich Ihre Zähne
Ölziehen – Welches Öl?
Kalt gepresstes Sesamöl oder Sonnenblumenöl sowie natives Kokosöl – alle in Bio-Qualität – erwiesen sich zum Ölziehen als besonders geeignet.
Zwar haben viele Öle antibakterielle Wirkung. Doch wurden die meisten Studien mit den drei genannten Ölen durchgeführt. Alle drei zeigten dabei mit antibakteriellen Fähigkeiten. Sesamöl und Kokosöl weisen darüber hinaus auch entzündungshemmende Eigenschaften auf.
Kokosöl eignet sich aufgrund seiner überragenden antimikrobiellen Eigenschaften für das Ölziehen besonders gut. Kokosöl enthält Laurinsäure, die antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften hat und somit zur Mundhygiene beiträgt.
Ölziehen statt Zähneputzen?
Manch einer glaubt nun, dass das Ölziehen das Zähneputzen ersetzen könnte, wenn es doch so gut gegen Karies und Zahnbelag hilft. Das aber ist nicht der Fall. Das Ölziehen sollte das Zähneputzen nicht ersetzen. Stattdessen sollte es als zusätzliche Mund- und Zahnpflege durchgeführt werden.
Ölziehen für Kinder?
Für Kinder ab 6 Jahren ist das Ölziehen ebenfalls geeignet – allerdings genügen hier schon wenige Tropfen bis zu einem halben Teelöffel des Öls.
Wichtig ist, dass Ihr Kind versteht, dass das Öl nicht geschluckt werden darf.
Für jüngere Kinder besteht die Gefahr beim ziehen von Öl Fett Tröpfchen zu aspirieren.
- Laumen, Jolein & Van Dijck, Christophe & Manoharan-Basil, Sheeba & Block, Tessa & Abdellati, Saïd & Xavier, Basil & malhotra-kumar, Surbhi & Kenyon, Chris. (2024). The effect of daily usage of Listerine Cool Mint mouthwash on the oropharyngeal microbiome: a substudy of the PReGo trial. Journal of medical microbiology. 73. 10.1099/jmm.0.001830. ↩︎
- Asokan S, Emmadi P, Chamundeswari R. Effect of oil pulling on plaque induced gingivitis: A randomized, controlled, triple-blind study Indian J Dent Res. 2009;20:47–51 ↩︎
- Raja, BKumara & Devi, Kavitha. (2021). Oral Health Effects of Oil Pulling: A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Journal of Indian Association of Public Health Dentistry. 19. 170. 10.4103/jiaphd.jiaphd_8_21. ↩︎