
Unter Bruxismus versteht man das wiederholte anspannen der Kaumuskulatur im Wachen (Tagbruxismus) und im Schlafen (Schlafbruxismus). Das Anspannen der Muskulatur kann mit Zähneknirschen, Pressen oder ohne Kontakt der Zähne einhergehen. Mit etwas 20% der Bevölkerung kommt es recht häufig vor. Es tritt zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahrzehnt am häufigsten auf und nimmt mit zunehmendem Alter ab.
zirkadianer Verlauf | Auslöser |
1) Wach-Bruxismus 2) Schlaf-Bruxismus | 1) primärer Bruxismus = ohne erkennbare Ursache 2) sekundärer Bruxismus = als Folge von: – Schlafstörungen – Medikamenten (Antidepressiva, Antikonvulsiva, Antipsychotika, Antihistaminika, dopaminerge Medikamente) – Drogenkonsum (Alkohol, Amphetamine,…) – einer Erkrankung (Koma, Schädel-Hirn-Trauma) |
Ursachen
Die Ursachen von Bruxismus sind unterschiedlich. Frühere Annahmen, dass fehlende Zahnkontakte als Hauptursache zu sehen sind, sind veraltet.
Emotionaler Stress, Schlafstörungen, Sodbrennen aber auch Faktoren wie Niktotin- Alkohol- oder Drogenkonsum können zu einem erhöhten Muskelaktivität führen. Auch die Nebenwirkungen mancher Medikamente erhöhen das Risiko für Bruxismus. Hier sind Antidepressiva und Medikamente gegen das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom zu nennen.
Bruxismus als Krankheit?
Bruxismus ist von der Craniomandibulären-Dysfunktion und der okklusalen Dysästhie abzugrenzen, stellt aber selbst keine eigenes Krankheitsbild da.
In gewissen Bereichen ist das gelegentliche Pressen oder Knirschen im Schlaf oder im Wachzustand nicht ungewöhnlich. So kann diese erhöhte Muskelaktivität bei Patienten mit Schlafapnoe zu einer verbesserten Ventilation beitragen. Auch bei einem Reflux kann durch das Pressen und Knirschen ein erhöhter Speichelfluss festgestellt werden, was die Zähne vor der ätzenden Magensäure schützt.
Mit zunehmender Häufigkeit und stärke des Pressens oder Knirschen kann jedoch das Gesundheitsrisiko ansteigen.
Eine erhöhte Abnutzung der eigenen Zähne (Abrasion/Attrition) sowie Schäden an Füllungen, Kronen und Brücken sind die ersten Folgen. Die Dauerbelastung hat langfristig auch Kopf- und Gesichtsschmerzen als mögliche Langzeitfolgen.
Im späteren Verlauf können auch die Kiefergelenke Schaden nehmen. Somit ist Bruxismus ein wichtiger Risikofaktor für das spätere Auftreten von Störungen oder Schmerzen im Kausystem, der sogenannten Cranio-mandibulären Dysfunktion.
Woran erkenne ich, ob ich Knirsche/Presse?
Einen ersten Hinweis können Partner und Familienangehörige geben, wenn Sie einen auf Geräusche in der Nacht aufmerksam machen. Relativ zeitnah treten auch Abnutzungserscheinungen an den Zähnen auf. Diese zeigen sich vor allem an den dünnen Kanten der Schneidezähne oder an den Spitzen der Eckzähne. Diese zeigen dann oft Abplatzungen oder werden unverhältnismäßig stark abgeschliffen.
Klassische Symptome sind:
- Schmerzen in den Kiefergelenken
- Schmerzen in der Kaumuskulatur bzw. der Nackenmuskulatur
- Kopfschmerzen im Bereich der Schläfen beim Aufwachen
- Überempfindliche Zähne
- Zahnbeweglichkeit ohne parodontale Probleme
- Schlechte Schlafqualität
Klinische (sichtbare) Zeichen:
- Nicht kariöser Zahnhartsubstanzverlust und/oder Verlust von Restaurationsmaterialien
- Zungenimpressionen/Wangenimpressionen
- Weißliche Verhornungsleiste im Planum buccale
- Gingivarezessionen
- Hypertrophe (verdickte) Kaumuskeln
- Häufiges technisches Versagen von Rekonstruktionen oder Füllungen
- Eingeschränkte Kieferöffnung
- Torus palatinus oder Tori mandibulares
Ein guten Überblick bietet der Bruxismus-Schnelltest der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik (DGFDT).
Wie wird Bruxismus behandelt?
Die Behandlung von Bruxismus hängt von der zugrunde liegenden Ursache und der Schwere der Symptome ab. Mögliche Therapieansätze sind:
- Schienentherapie: Aufbissschienen (z. B. Michigan-Schienen) helfen, die Zähne zu schützen und die Muskelaktivität zu regulieren.
- Stressmanagement und Verhaltenstherapie: Entspannungsmethoden wie autogenes Training, Meditation oder Biofeedback können helfen, stressbedingten Bruxismus zu reduzieren.
- Physiotherapie: Manuelle Therapie und Muskelentspannungstechniken lindern Verspannungen und verbessern die Kieferfunktion.
- Medikamentöse Therapie: In schweren Fällen können Muskelrelaxantien oder Botulinumtoxin (Botox) zur Entspannung der Kaumuskulatur eingesetzt werden.
- Schlafmedizinische Behandlung: Falls eine Schlafstörung vorliegt, sollte diese gezielt behandelt werden.
Fazit
Bruxismus ist eine ernstzunehmende Erkrankung mit vielfältigen Ursachen und Auswirkungen. Eine frühzeitige Diagnose und individuell angepasste Therapie sind entscheidend, um Langzeitschäden zu vermeiden. Interdisziplinäre Ansätze aus Zahnmedizin, Physiotherapie und Psychologie bieten vielversprechende Behandlungsoptionen für betroffene Patienten.